Lieber Robert, zwischen dem Cupfinale gegen Stripfing und der Auftaktpartie in Klagenfurt lagen nur rund sechs Wochen – ganz anders als in den beiden vorhergehenden Jahren mit frühzeitigen Saisonabbrüchen. Wie lief die Sommerpause für dich und die Mannschaft?
Wir hatten genau drei Woche trainingsfrei, also im Vergleich zu den Coronajahren etwas kürzer. Die Spieler sind gut erholt und motiviert wieder zum Trainingsstart gekommen, gleich bei der ersten Trainingseinheit ging es voll zur Sache.
Auf dem Transfermarkt habt ihr euch wieder zurückgehalten, das Grundgerüst der vergangenen Jahre bleibt erhalten. Ein Beweis für das Vertrauen in deine Spieler?
Da dieser Sommer bereits meine siebte Transferperiode beim WSC war, konnte ich die Mannschaft in den letzten Jahren nach meinen Vorstellungen zusammenstellen. Jeder Spieler, der heute im WSC-Trikot aufläuft, ist also mein Wunschspieler und identifiziert sich voll und ganz mit der Art und Weise wie wir Fußball spielen wollen. Ich bin sehr froh, dass wir das Grundgerüst halten konnten, denn letztlich gibt es ja auch aufgrund der zuletzt erfolgreichen Jahre keinen Grund alles auf den Kopf zu stellen.
Wie verläuft bei Transfers die Zusammenarbeit zwischen dem Verein und dir?
Wir haben hier im Verein eine gute und schlanke Basis. Ich als Trainer habe den sportlichen Aspekt im Fokus und unser Sektionsleiter die Finanzlage im Hinterkopf. Klar kommt es da gelegentlich auch zu Meinungsverschiedenheiten, aber in Summe haben wir die letzten Jahre immer gemeinsam die richtigen Lösungen gefunden. Wir haben auch in diesem Sommer an den richtigen Schrauben gedreht. Denn obwohl wir die Kaderbreite reduzierten – was für das Mannschaftsgefüge enorm wichtig war – haben wir jede Position doppelt besetzt und sind extrem flexibel aufgestellt.
Im Trainerteam kam es zu einer Rückkehr?
Patrick Krainz ist von der Wiener Austria wieder zu uns ins Trainerteam gestoßen und wird nicht nur Trainingsinhalte mit der Mannschaft ausarbeiten, sondern auch den wichtigen Punkt der Gegneranalyse abdecken. Ich freue mich sehr, dass Patrick wieder bei uns ist.
Du gehst nun in deine vierte Saison in Dornbach. Keine Spur von Amtsmüdigkeit?
Nein, eigentlich nicht, aber es braucht schon immer wieder „neue“ Impulse, denn für zwei Drittel der Mannschaft steht nun die vierte Saison derselbe Trainer vor ihnen. Es ist auch für mich ein ständiger Lernprozess die richtige Balance zu finden: zwischen neuen Ideen auf den Trainingsplatz oder in der Ansprache, jedoch auch die Kernpunkte, die uns in den letzten Jahren erfolgreich gemacht haben, nicht zu verlieren. Generell ist heute für mich schon vieles einfacher als noch 2019, denn damals haben wir in allen Bereichen den Reset-Kopf gedrückt und schrittweise Strukturen aufgebaut, die heute vom Zeugwart, Platzwart über das Trainerteam bis hin zur Vereinsleitung im Prinzip ganz gut funktionieren, wenngleich wir in einigen Bereichen noch nicht am Limit sind und noch einiges an Arbeit vor uns liegt.
In der Vorbereitung gab es zunächst drei deutliche Siege, danach zwei klare Niederlagen. Was konntet ihr aus den Spielen mitnehmen?
Auch wenn ich das Spiel gegen die Admira nicht überbewerten möchte, war es vor allem im Spielaufbau, sprich im Überbrücken der ersten Pressinglinie sowie in der Spielfortsetzung im Rücken der gegnerischen Abwehr eine „Benchmark“ die wir uns da gesetzt haben. In der Woche mit den beiden Spielen gegen die Young Violets und Amstetten fehlten zwar einige Spieler, jedoch haben wir nicht nur im taktischen Bereich, sondern auch im Bereich der Mentalität wichtige Lehren aus den beiden Spielen gezogen.
Was sind eure sportlichen Ziele für diese Saison?
Wir sind der Wiener Sport-Club, da kann ich mich als Trainer nicht hinstellen und sagen: „schauen wir mal“. Wir vertreten einen Klub mit sehr viel Tradition, haben an uns selbst hohe Ansprüche und wollen den dritten Tabellenplatz der letzten Saison bestätigen.
Nachdem es in den beiden vergangenen Jahren mit der Vienna nur einen Aufsteiger in die Liga gab, sind nun vier neue Teams dabei. Wie schätzt du die Liga ein, wer sind eure Hauptkonkurrenten?
Ich schätze die Liga ähnlich stark ein wie 2017/18. Als wir damals mit Amstetten aufgestiegen sind, war die Qualität mit Spitzenteams wie Horn, Ebreichsdorf, Mauerwerk, Young Violets, Mannsdorf und eben Amstetten ungemein hoch und ausgeglichen. Ich denke dies wird heuer ähnlich sein. Wenn ich mir die Transferaktivitäten der anderen Klubs ansehe, so denke ich werden Stripfing, Mannsdorf, Traiskirchen, Leobendorf und auch TWL Elektra unsere Hauptkonkurrenten sein.
Blickst du ab und an etwas neidisch zu deinen Trainerkollegen in der Liga, deren Vereine sich teilweise mit namhaften ehemaligen Bundesligakickern verstärken, du in den letzten Jahren aber bspw. einen Todoroski oder Kriwak abgeben musstest – die ja dann über den WSC den Sprung ins Profigeschäft geschafft haben?
Nein, also von Neid kann da absolut keine Rede sein, im Gegenteil, ich denke hier sind die Werte unseres Vereins ganz entscheidend. Kein Spieler kommt des Geldes wegen nach Hernals, sondern aufgrund unserer Tradition, unserer fantastischen Fans, unserer professionellen Arbeit und muss den absoluten Willen mitbringen sich weiterzuentwickeln. Wie schnell es in diesem Geschäft dann gehen kann, zeigen ja die Beispiele Todoroski oder Kriwak.
Du hast ja ein großes Gefälle in der Mannschaft, vom 17jährigen Pavlovic bis hin zum 36jährigen Milosevic. Ist es da überhaupt möglich jeden Spieler weiterzuentwickeln?
Wir haben auch abgesehen von Milosevic Spieler wie Csandl, Dimov, Berkovic oder Gusic die aufgrund ihrer Erfahrung genau wissen was sie am Platz zu tun haben. Da geht es dann oftmals nur um Kleinigkeiten wie die Positionierung. Aber es gibt schon abgesehen unserer Jüngsten im Kader Beispiele für eine gute Entwicklung. „Instinktkicker“ wie Pajaczkowski verstehen Schritt für Schritt, dass auch die Arbeit gegen den Ball essenziell ist, um ein kompletter Spieler zu werden. Aktuell bereitet mir Vucenovic sehr viel Freude, der in den letzten Monaten eine gute Entwicklung durchgemacht hat und sich nun dafür auch mit Toren belohnt. Und dennoch sehe ich auch bei ihm noch sehr viel Luft nach oben, vor allem im Lösen von Drucksituationen auf engen Raum. Es ist eben oftmals mein „unangenehmer“ Job, egal ob bei den Jungen oder Älteren, die Spieler aus der Komfortzone zu holen, denn das Fußballgeschäft verlangt es – es zählt immer das „hier und heute“ und nicht, dass was einmal war. Aber in Summe funktioniert das ganz gut uns ich denke, hier bieten wir beim Wiener Sport-Club unseren Spielern auch eine gute Plattform der Weiterentwicklung an.
Mit Gissauer, Pavlovic und Touray waren zuletzt drei Talente in der Vorbereitung dabei, dazu ist Petruljevic zurückgekehrt. Wird die Zusammenarbeit mit der 1b nach dem Aufstieg in die 2. Landesliga noch intensiver?
Der Aufstieg war sehr wichtig, denn das Gefälle wird durch die 2. Landesliga etwas geringer. Dies sehe ich, wie am Beispiel Nenad Vasiljevic, für beide Seiten als Win-win-Situation. Vasiljevic brauchte nach seiner langen Verletzung wieder Spielpraxis und war durch seine Präsenz auf dem Platz in den finalen Wochen eine wichtige Säule im Aufstiegskampf. Gissauer und Pavlovic haben schon im Laufe der Rückrunde bei der Kampfmannschaft mittrainiert, Touray ist seit Winter bereits fixer Kaderbestandteil. Unser Tormanntrainer war sofort begeistert von Gissauer, sodass wir ihm trotz seines sehr jungen Alters das Vertrauen hinter Prögelhof ausgesprochen haben und ich denke durch die Gössl-Schule wird sich der Junge noch enorm weiterentwickeln. Touray hat super Anlagen, um in der Viererkette alle Positionen abzudecken. Und Pavlovic, tja was soll ich sagen, Instinktkicker wie ihn liebe ich einfach. Petruljevic wird vorrangig dem Kader der zweiten Mannschaft angehören und soll dort bereits eine Führungsrolle einnehmen. Ich bin schon gespannt auf die Spiele in der zweiten Landesliga und davon überzeugt, dass unsere Jungs dort die nächsten Schritte machen werden.