VORSCHAU
Sportlich wird es für beide Teams am Freitagabend nicht mehr um allzu viel gehen, der Sport-Club benötigt noch einen Punkt, um die Saison fix vor Leobendorf abschließen zu können, die Vienna ist uneinholbar Meister. Beide Vereine stehen schon in den Planungen für die kommende Saison, vor allem auf Seiten des Gastgebers dürften einige Spieler zum letzten Mal in Blau-Gelb auflaufen, Topscorer Mario Konrad wird aber gelbgesperrt von der Tribüne Abschied nehmen müssen.
Auch wenn beide Teams im vorderen Teil der Tabelle stehen, verlief die Saison doch jeweils gänzlich unterschiedlich: Während die Vienna als Aufsteiger von Beginn an starke Leistungen bot und sich früh an die Tabellenspitze setzte, hatte der Sport-Club anfangs vor allem auswärts Probleme und blieb zunächst hinter den hohen Erwartungen als letztjähriger „Abbruchmeister“ zurück. Danach folgte aber ein starker Herbst mit unvergesslichen Kantersiegen, die Vienna hingegen musste einer kurzen Sommerpause Tribut zollen. Zum Ende der Hinrunde kam es dann zum Aufeinandertreffen zweier Topteams, das Spiel war früh ausverkauft, hitzig ging es auf und neben dem Platz zu, am Ende lieferte die Vienna in der Manier eines Spitzenteams ab.
Das Frühjahr verlief für den Sport-Club wechselhaft, nach dem Abgang des Topstürmers Kriwak, der schweren Verletzung von Zweitligazugang Redzic und einer schwierigen Vorbereitung blieben die Ergebnisse inkonstant. Enttäuschende Resultate und späte Gegentreffer führten zu einem zwischenzeitlichen Rückfall ins Mittelfeld der Tabelle, erstmals in der Ära Weinstabl kriselte es ergebnistechnisch. Verantwortlichen und Fans ist anzurechnen, dass es auch in dieser Phase stets ruhig blieb, letztlich kämpfte die Mannschaft sich nun mit drei Siegen in Folge wieder auf die vorderen Ränge.
Bei der Vienna hingegen verlief die Rückrunde ergebnistechnisch mit 29 Punkte aus 12 Spielen hervorragend, der anfängliche Rückstand auf Stripfing wurde pulverisiert und schon vor dem Saisonfinale steht man uneinholbar als Meister fest. Trotz der guten Ergebnisse waren die gezeigten Leistungen, besonders im Hinblick auf die getätigten Wintertransfers, oftmals wenig berauschend und es wurden immer wieder kritische Stimmen auf der Tribüne laut. Doch auch hier reagierten die Verantwortlichen besonnen und ließen das Team in Ruhe weiterarbeiten.
Wo geht’s also für den Sport-Club hin? Erreicht man Platz 3, wäre dies die beste Ostligaplatzierung seit dem letzten Meistertitel vor 20 Jahren. Die sportlichen Ziele wurden erreicht, auch für die erste Runde des ÖFB-Cup im Juli ist man erneut qualifiziert. Trainer Weinstabl wird in seine vierte Sportclub-Saison gehen, schon jetzt ist er über 1000 Tage am Stück im Amt und wird damit in der Sommerpause in die Riege der großen Sportclub-Trainer um Erich Hof und Johann Pesser vorstoßen. In der Nachwuchsarbeit wurde der eingeschlagene Weg erfolgreich fortgesetzt, die Reserve spielt noch um den Aufstieg in die 2. Landesliga, in Draßburg debütierte der 17-Jährige Felix Gissauer zwischen den Pfosten.
Egal, wie viele Zuschauer:innen am Freitag kommen, der Sport-Club liegt im Schnitt uneinholbar an der Spitze der Ostliga, auch vor vielen Profivereinen. Fantechnisch bleibt man in der Hauptstadt erster Verfolger der zwei großen Vereine. Der Großteil der Blau-Gelben Zuschauer:innen sparte sich im Cup zuletzt die Reise nach Hernals, wahrscheinlich werden sich auch einige Schwarz-Weiße das Spiel am Freitag nicht antun wollen. Dennoch bleibt es für beide Vereine das Derby schlechthin und auch die Vienna wird in der 2. Liga kaum wieder so viele Fans auf der Hohen Warte begrüßen dürfen.
Was sich sportlich erwarten lässt, ist noch unklar. Ergebnistechnisch ist das Spiel für die Vienna unbedeutend. Auch beim Sport-Club mag der Fokus auf dem Cupfinale liegen, allerdings will man kaum als Nebendarsteller der Meisterfeierlichkeiten auftreten. Einige Spieler dürften am Freitag letztmalig für ihren Verein auflaufen, andere kämpfen möglicherweise noch um einen neuen Vertrag. Als Verlierer des vorerst letzten Derbys will am Ende gewiss niemand dastehen.
Spielerisch zeigte die Vienna in der Rückrunde vor allem Schwächen gegen Teams die offensiv auftraten und sie selbst gar nicht erst ins Spiel kommen ließen – stellt Trainer Weinstabl sein Team entsprechend ein, könnte es ein ähnlich packendes Spiel wie am Ostermontag werden, hier behielt der WSC zuletzt mit 3:0 klar die Oberhand.
Auch für Kurzentschlossene wird es noch Tickets an der Abendkassa geben: Waren für das Hinspiel im Oktober schon lange im Voraus sämtliche 6.500 Karten abgesetzt, wurden für das Rückspiel rund eine Woche vor Spielbeginn offiziell „erst“ 3.500 Tickets abgesetzt, mittels Sondergenehmigung kann man dieses Mal sogar rund 7.500 Fans Eintritt gewähren.
Freitag, 27.05.2022, 19:10 / Regionalliga Ost, 25. Runde / Live in ORF Sport+
First Vienna FC - Wiener Sport-Club Stadion Hohe Warte Schiedsrichter: Patrick Koscielnicki Assistenten: Patrick Csobadi, Andreas Moitzi Bericht: Daniel Schwieterjann, Foto: Christopher Glanzl